Gutachten bestätigt Selbsteinschätzung der Situation der Gautinger Feuerwehr

Am Dienstag, den 15.11.2022 wurde im Rahmen der öffentlichen Gemeinderatsitzung der Feuerwehrbedarfsplan für die Gemeinde Gauting durch die Firma FORPLAN (Externer Link) vorgestellt und anschließend durch den Gemeinderat verabschiedet.
Bereits im Sommer 2020 lud die Feuerwehr Gauting die Gemeinderäte zur Vorstellung der Gesamtsituation der Gautinger Feuerwehr mit Besichtigung der Räumlichkeiten in das Gerätehaus an der Münchner Str. 18 ein.

Nachfolgende Abbildung war das Resümee der Führungskräfte aus einem umfangreichen Foliensatz, in dem sie das Aufgabenspektrum der Feuerwehr, Fuhrpark, Gerätschaften, Gerätehaus sowie Personalstärke und Ausbildungsstand vorstellte.

Vorgestellte Selbsteinschätzung der Feuerwehr Gauting gegenüber dem Gemeinderat im Sommer 2020

Da der Gemeinderat auf Grund des damaligen Vortrags die Missstände im Gerätehaus zur Kenntnis genommen hatte, wurde im Nachgang ein unabhängiger externer Gutachter mit der Aufstellung eines Feuerwehrbedarfsplanes für die Gesamtgemeinde sowie einer Standortanalyse für den Neubau des Feuerwehrgerätehauses in Gauting beauftragt.


Ziel des Feuerwehrbedarfsplans war die Bewertung der personellen und technischen Ausstattung der Gemeindewehren durch FORPLAN. Auch das Thema fristgerechte Abdeckung des Einsatzgebietes wurde hier beleuchtet. Der vollständige Bedarfsplan ist auf der Homepage der Gemeinde bzw. hier (externer Link) zu finden.
Im Nachfolgenden sind die Ergebnisse auf die Ortswehr Gauting beschränkt zusammengefasst.
Grundlage für die Feststellung der Notwendigkeit der Einsatztechnik war zunächst die Analyse des Gefahrenpotentials im Ortsgebiet.
Diese wird in den Kategorien Brandgefahren (B), Technische Hilfeleistung (THL), Gefahrgut- (ABC) und Wassergefahren (W) auf einer Skala von 1 – 5 bewertet. Durch die zahlreichen Sonderbauten im Ortsbereich, wie Krankenhäuser, Schulen, Kindergärten, Alten- und Pflegeheime, etc. erreicht der Ortsteil Gauting die Gefährdungsklassen B4, THL4 und ABC4. Da Gauting mit der Würm von einem Fließgewässer durchflossen wird, werden die Wassergefahren auf W3 eingestuft.
Basierend auf dieser Gefahrenaufstellung konnten Schlussfolgerungen für den notwendigen Fuhrpark getroffen werden. In Summe wurde der gesamte Fuhrpark der Feuerwehr Gauting als bedarfsgerecht eingestuft. Insbesondere wurde auch das Engagement bei der Übernahme von Landkreisaufgaben hervorgehoben. Die Feuerwehr Gauting ist mit dem Gerätewagen Gefahrgut Teil des ABC-Zuges des Landkreises und ist mit zusätzlicher Bedarfsbeladung für den Versorgungs-LKW für Bahn- und Tiefbauunfälle ausgestattet. Auch Material für schwere Technische Hilfeleistung wird hier vorgehalten. Dieses Material wird finanziell vom Landkreis getragen, steht aber natürlich für den Schutz der Gautinger Bevölkerung on Top und zeitnah zur Verfügung.

In näherer Zukunft soll jedoch die Ersatzbeschaffung des Teleskopgelenkmastes in Betracht gezogen werden. Da für diesen in den letzten Jahren bereits erhebliche Reparaturkosten angefallen sind, wird die 2026 anstehende, ebenfalls mit hohen Kosten verbundene 10-Jahres-Wartung als nicht mehr rentabel bewertet.


Das Gautinger Gemeindegebiet besteht zu 83% aus Wald und landwirtschaftlich genutzten Flächen und birgt somit eine entsprechend große Gefahr für Wald- und Vegetationsbrände. Hier soll ein Gesamtkonzept bestehend aus wasserführenden Fahrzeugen, Logistikkomponente (Lange Schlauchstrecken) und technische Ausstattung der bestehenden Fahrzeuge erarbeitet werden.
Die ganze Technik zu bedienen, erfordert viele gut ausgebildete Einsatzkräfte. Der Ausbildungsstand, die Personalstärke, wie auch die Altersstruktur der Gautinger Feuerwehr wird als sehr gut eingestuft, insbesondere leistet die gute Jugendarbeit dabei einen entscheidenden Beitrag.
Nur das bloße Vorhandensein von Personal und Technik ist allein noch nicht ausschlaggebend für die Sicherheit der Gautinger Bürger. All dies kann nur helfen, wenn die Einsatzkräfte auch schnell genug an der Einsatzstelle eintreffen.

In Bayern gibt es dazu eine gesetzlich festgelegte Hilfsfrist gemäß VollzBekBayFwG Art. 1.2.

Hilfsfrist (FORPLAN)

Wie in der Abbildung dargestellt, gliedert sich die Hilfsfrist in 2 Stufen. Demnach muss spätestens 10 min. nach dem Notruf das erste Löschfahrzeug vor Ort sein, um eine ggf. erforderliche Menschenrettung durchführen zu können. Weitere erforderliche Kräfte haben 5 min mehr Zeit.
Diese Hilfsfrist setzt sich allerdings nicht nur aus der reinen Fahrzeit des Löschfahrzeugs zum Einsatzort zusammen.
Die ersten 1,5 min. werden für die gezielte Alarmierung der Einsatzkräfte in der Leitstelle benötigt (Disposition). In den noch verbleibenden 8,5 min. müssen die ehrenamtlichen Einsatzkräfte im Gerätehaus eintreffen, sich umziehen, und die Fahrzeuge mit den erforderlichen 9 Funktionen – darunter 1 Gruppenführer, 1 Maschinist und 4 Atemschutzgeräteträger – besetzen
Erst dann beginnt die Einsatzfahrt mit Sondersignalen (Blaulicht/Martinshorn).
Die Zeit, die zwischen Alarm und Beginn der Einsatzfahrt verstreicht, wird Ausrückezeit genannt. Mit durchschnittlich 5min liegt die Gautinger Wehr auf einem guten Niveau. Dennoch bleiben damit nur 3,5 min. für die Einsatzfahrt vom Gerätehaus zur Einsatzstelle übrig. Mittels Fahrzeitsimulation wurde aus diesem Wert das abdeckbare Ortsgebiet ermittelt.

Ortsabdeckung (FORPLAN)

Es fällt auf, dass Gebiete um den westlichen Ortsrand, von Schulgelände bis zur westlichen Ammerseestraße in dieser Zeit vom aktuellen Standort aus nicht innerhalb dieser vorgegebenen Zeit erreicht werden kann. Dies deckt sich auch mit der Auswertung der erfassten Einsatzdaten.
Seit der Ermittlung der Zeiten für den Bedarfsplan wurde der Bahnhofsbereich um das „Karls“ neugestaltet und der Straßenverlauf deutlich beengt, sodass sich die tatsächliche Zeit bis zum Eintreffen in den genannten Bereichen tagsüber noch weiter verschlechtern wird.


Das Feuerwehrgerätehaus stellt die zentrale Infrastruktur für den Betrieb der Feuerwehr dar. Neben der Unterbringung der Einsatztechnik, den Umkleiden, Werkstätten und Büros findet hier ein Großteil der Ausbildung der Einsatzkräfte statt.
Das aktuelle Feuerwehrgerätehaus wurde im Jahr 1937 gebaut und seit 1955 durch die Feuerwehr Gauting genutzt. Dieses erfüllt schon lange keinerlei Auflagen hinsichtlich der Unfallverhütung und Arbeitsstättenverordnung. Darauf hat die Führung der Feuerwehr Gauting in der Vergangenheit schon mehrfach hingewiesen. Auch die Firma FORPLAN kommt in Ihrem Bedarfsplan zu dem Schluss, dass (…) „Das jetzige Feuerwehrhaus (…) im jetzigen Zustand nicht arbeitsfähig“ (…) ist. Die Defizite sind hier so gravierend, dass ein Neubau die einzig sinnvolle Lösung ist.


Wir hoffen – trotz der prekären finanziellen Situation der Gemeinde – auf eine baldigen Planungsbeginn und eine zeitnahe Umsetzung und im Zuge dessen die Erreichbarkeit des westlichen Ortsgebiets verbessern, oder zumindest erhalten zu können.


In der Gemeinderatssitzung am Dienstag, wurde unter anderem die Frage gestellt, was denn passiere, wenn die Feuerwehr eine Minute später käme? Hierfür blieb der Gutachter eine sprechende Antwort schuldig.
Im Rettungswesen gibt es bzgl. des Schlaganfalls die Aussage „Time is Brain“ (also Zeit = Gehirn).
Nach ca. 8-10 min. ohne Sauerstoff tritt der Gehirntod ein, bereits davor ist jede Minute „ein Stück Hirnfunktion“, die verloren geht. Jede Minute ohne Sauerstoff entspricht einer Absenkung der Überlebenswahrscheinlichkeit um 10%.
Ein Papierkorbbrand oder Herdbrand im Innenraum ist in 1-2 Minuten zum Zimmerbrand geworden, oder ein Zimmerbrand zum Wohnungsbrand. Fluchtwege sind dabei für Personen durch giftigen Rauch möglicherweise bereits versperrt.

==> „Time is Brain“ gilt also auch für den Brandeinsatz.


Das Ergebnis des Brandschutzbedarfsplanes stellt der Führung der Feuerwehr Gauting indirekt ein sehr gutes Zeugnis aus.

  • Personalstärke, Altersstruktur ist gut bis sehr gut
  • Ausbildungsstand – sehr gut (Alle notwendigen Funktionen/Qualifikationen sind ausreichend vorhanden)
  • Alle Fahrzeuge des Fuhrparks sind als notwendig bestätigt worden. Bei vier Fahrzeugen wurde die Beschaffung bereits mit Spendenmitteln unterstützt und dadurch in der Konstellation erst ermöglicht.
  • Jugendarbeit – sehr gut.

Dies bedeutet, dass unsere Ausgaben zielgerichtet und mit dem notwendigen Augenmaß erfolgten und auch weiterhin erfolgen werden.
Auch die Forderung der Feuerwehr Gauting zum Bau eines neuen Gerätehauses wird seitens FORPLAN bestätigt und wir werden dies mit allem Nachdruck auch weiterhin einfordern.

Hierbei geht es nicht nur um uns als FREIWILLIGE, ehrenamtliche Feuerwehrleute, die in diesem Gerätehaus arbeiten – es geht um die Sicherheit aller Bürger unseres Heimatortes.